Hilfsmittel für das Übersetzen aus dem Japanischen (1): Online-Wörterbücher

Welche Webseiten ich zum Nachschlagen unbekannter Ausdrücke im Japanischen empfehle

Die größte Angst eines Übersetzers ist wohl, etwas nicht zu verstehen und deswegen nicht übersetzen zu können. Das wäre ein Totalausfall der Fähigkeit, für die man bezahlt wird – etwas aus Sprache A bedeutungsgleich in Sprache B zu übertragen. Und vor allem in Manga und Anime trifft man ständig auf Wörter und Ausdrücke, die man im Studium oder Japanischkurs nicht gelernt hat und auch sonst noch nie gehört hat. Umgangssprache, spezielle Fachausdrücke, Dialekte … Wie wirkt man dem als angehender oder bereits im Beruf stehender Übersetzer entgegen? Gerade wenn man kein Muttersprachler ist, braucht ein Japanisch-Übersetzer in seinem Berufsalltag allerhand Hilfsmittel.

Wörterbücher und Nachschlagewerke

Eine Sprache zu lernen, bedeutet lebenslanges Lernen. Das gilt unter Umständen auch für die eigene Muttersprache (insbesondere ein Übersetzer von literarischen Werken, zu denen auch Manga und Anime im etwas weiteren Sinne zählen, sollte in der eigenen Muttersprache immer so gut wie nur irgend möglich auf dem aktuellen Stand sein!), aber erst recht natürlich für jede Fremdsprache, die man lernt. Auch ich schlage bis heute noch täglich Vokabeln im Wörterbuch nach – manchmal nur, um mich noch einmal einer Bedeutung zu vergewissern, die ich bereits kenne, oder um Inspirationen für eine Formulierung zu finden, wenn sie mir einmal nicht gleich auf der Zunge liegt – aber auch mit viel Erfahrung mit Japanisch und dem Übersetzen gibt es immer wieder Ausdrücke, die man einfach nicht kennt und die man nachschauen muss. 

Im Folgenden stelle ich die Wörterbücher vor, die ich persönlich benutze oder benutzt habe (bei manchen hat sich die Nutzungshäufigkeit mit zunehmender Erfahrung minimiert, andere Nachschlagewerke sind hingegen erst im Laufe der Zeit hinzugekommen.)

Japanisch-Deutsch-Wörterbücher

 

  • Wadoku.de Das Japanisch-Deutsch-Wörterbuch

Wadoku.de ist wohl DAS Standard-Onlinewörterbuch für Japanisch-Deutsch. Es ist kostenlos, wie auch die meisten anderen Onlinewörterbücher, sehr umfangreich und verfügt über eine Kommentarfunktion, in der man als Nutzer etwas ergänzen, richtigstellen oder fragen kann. Fragen lohnt sich in der Regel wohl nicht, da die Frage nur von Nutzern gesehen wird, die dasselbe Wort auch recherchieren. Aber manchmal findet man in den Kommentaren eine wichtige Zusatzbedeutung, oder jemand weist auf eine bei Wadoku eingetragene Falschübersetzung hin. Das habe ich schon mehrmals gesehen und fand es sehr hilfreich.

(Aber Achtung: Natürlich muss man als gewissenhafter Übersetzer jede in den Kommentaren gefundene Übersetzung, die man verwenden will, erst auf Richtigkeit überprüfen! Beispielsweise durch eine Recherche im einsprachigen Wörterbuch.)

Wadoku.de ist für die Suchrichtung Japanisch → Deutsch optimiert. Möglich ist auch Deutsch → Japanisch, aber die Ergebnisse erscheinen trotzdem sortiert nach japanischen Vokabeln (links) und allen dazu eingetragenen deutschen Übersetzungen (rechts) – nicht nur der gesuchten deutschen Vokabel.

Ein weiterer sehr praktischer Vorteil von Wadoku.de ist der Zugriff auf Einträge aus anderen Wörterbüchern, Enzyklopädien und Suchmaschinen zu dem Begriff. Mit einem Klick hat man die japanischen Definitionen der Vokabel aus dem einsprachigen Wörterbuch Daijisen vor sich oder wird schnell zu Google oder der Seite Tatoeba weitergeleitet, wo man Beispielsätze mit der Vokabel findet. 

Hinweis: Manchmal kommt es vor, dass ein Klick auf 大辞泉 zu einem Wort keinen Eintrag ergibt, und das selbst bei einfachen Wörtern, von denen man normalerweise denkt, dass sie eigentlich in jedem Wörterbuch stehen müssten. Das scheint ein Darstellungsfehler bei Wadoku zu sein, denn meistens hat das Daijisen in Wahrheit einen Eintrag zu dem Begriff. In dem Fall muss man also manuell das Daijisen abrufen – siehe einsprachige Wörterbücher etwas weiter unten.

  • Kanji-Lexikon

Weniger bekannt als Wadoku.de ist das Japanisch-Deutsche Kanji-Lexikon von Hans-Jörg Bibiko, aufrufbar unter diesem Link: https://mpi-lingweb.shh.mpg.de/kanji/

Es eignet sich zum Nachschauen von Bedeutungen, Lesungen und Komposita zu einzelnen Kanji. Auch eine Suche nach Radikal ist möglich, z.B. wenn man ein handschriftliches Kanji nur teilweise lesen kann – in dem Fall lässt sich ggf. über die Radikalsuche ein Kanji finden, das optisch in etwa dem handschriftlichen entspricht.

Ich habe dieses Wörterbuch vor allem in der Anfangszeit häufiger benutzt, inzwischen schlummert der Link eigentlich nur noch in meine Favoritenliste … Aber da mir dieses Kanij-Lexikon früher viel geholfen hat, führe ich es hier mit an.

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    Japanisch-Japanisch-Wörterbücher (einsprachige Wörterbücher)

    Weiter geht es mit einer Art von Wörterbüchern, die man unbedingt zurate ziehen sollte, wenn man auch kleine oder in zweisprachigen Wörterbüchern nicht aufgeführte Bedeutungsnuancen erfassen will, und das ist für einen professionellen Übersetzer wesentlich.

    Es gibt eine ganze Reihe einsprachiger Japanisch-Wörterbücher im Internet, wenn man nach 国語辞典 googelt. Sie nutzen in der Regel digitale Versionen des Daijisen– oder Daijirin-Wörterbuchs und sind daher eine verlässliche und aktuelle, da regelmäßig aktualisierte, Quelle für detaillierte Bedeutungsnuancen gesuchter Vokabeln.

    Die folgenden Wörterbücher nutze ich selbst hin und wieder:

    Ein übersichtliches Wörterbuch, das auf das Daijisen zurückgreift. Die Suche nach einem Wort bringt alle Definitionen des Daijisen zum Vorschein, in anklickbaren Tabs und unter den Definitionen findet man, sofern in der Datenbank vorhanden, noch Beispielsätze, Kollokationen bzw. Redewendungen, Bilder und Nachrichtenmeldungen zum gesuchten Begriff. Dabei finde ich, dass Goo.ne.jp vor allem durch seine Übersichtlichkeit bei gleichzeitig hohem Funktionsumfang hervorsticht. Man findet sehr viele Informationen, ohne die Seite zu verlassen, wird aber nicht von zu vielen unterschiedlichen Daten auf einer einzelnen Seite durcheinandergebracht.

    Goo.ne.jp verfügt übrigens nicht nur über das einsprachige Japanischwörterbuch! In der rotbraunen Menüleiste finden sich noch Japanisch-Englisch-Wörterbuch (bitte Hinweis zu Englisch-Wörterbuchern weiter unten beachten!), Synonymwörterbuch, Personenwörterbuch, Fachwörterbuch und mehr.

    Einen anderen Ansatz verfolgt Kotobank, wo Definitionen vieler einsprachiger Wörterbücher untereinander aufgelistet werden, allen voran Definitionen des Daijisen und Daijirin, aber z.B. auch der Enzyklopädie Nipponica. Das Layout von Kotobank ist in einem schlichten Schwarz-Weiß gehalten und das Fehlen jeglicher überflüssiger Elemente wie einer Seitenleiste oder eine Menüleiste zur Auswahl von Wörterbüchern wie bei Goo.ne.jp ermöglicht ein sehr konzentriertes Arbeiten mit dieser Seite – fast wie mit einem Papierwörterbuch, nur dass ein digitales Wörterbuch sich eben schneller durchsuchen lässt.

    Allerdings neigt man durch die Anzeige von Einträgen aus vielen verschiedenen Wörterbuchern auf einer einzigen Seite leicht dazu, die Einträge länger als nötig miteinander zu vergleichen und am Ende doch nicht zu wissen, was die beste Variante für den eigenen Anwendungsfall ist. Ich nutze Kotobank daher eher, wenn ich wirklich den Vergleich zwischen mehreren Wörterbüchern ausdrücklich will. Im Normalfall hingegen reicht die Hinzuziehung eines einzelnen einsprachigen Wörterbuchs, da die meisten Bedeutungen in der Regel in irgendeiner Formulierung in jedem Wörterbuch aufgeführt sind. Weniger ist manchmal mehr! Was aber nicht heißt, dass mich nicht manchmal auch eine reine Google-Suche zu Kotobank führt, z.B. wenn ein Begriff nur in einem der selteneren Wörterbücher bei Kotobank aufgelistet ist und daher nicht auf anderen Seiten zu finden ist.

    Mit noch mehr Wörterbüchern ausgestattet ist Weblio, die wohl umfangreichste der hier vorgestellten Wörterbuch-Seiten. Hier findet man auch Wörterbücher, die sonst kaum irgendwo online kostenlos zugänglich sind, wie z.B. ein Wörterbuch für altes Japanisch (古語辞典), Flexionswörterbuch (活用形辞典), allerhand regionale Dialektwörterbücher … Es gibt wirklich kaum etwas, das man nicht findet. Das Wörterbuch für altes Japanisch hat mir z.B. sehr in meinem bungo-Seminar (bungo ist ein über 1000 Jahre altes Schriftjapanisch) oder beim Übersetzen altjapanischer Sprachelemente in Manga und Light Novel geholfen.

    Da aber auch bei Weblio sämtliche Einträge aus verschiedenen Wörterbuch zum eingegebenen Suchbegriff untereinander auf einer Seite angezeigt werden und die einzelnen Einträge zum Teil sehr umfangreich sind, kann man sich auch hier leicht von zu vielen Informationen auf einmal überfordert fühlen. Man sollte daher am besten schon wissen, in welchem der Wörterbücher man nach einer Übersetzung oder Definition sucht, oder sich etwas Zeit für die Recherche nehmen.

    Achtung: Ein Teil der Wörterbücher ist auch bei Weblio nur über die ganz oben und dadurch leicht zu übersehende Menüleiste zugänglich, wie z.B. das sehr gut strukturierte Synonymwörterbuch, aber auch das genannte Wörterbuch für altes Japanisch. Das Synonymwörterbuch benutze ich in der Regel eher, wenn ich einen Text auf Japanisch schreibe und mir das passende Wort nicht gleich einfällt, aber auch beim Übersetzen ins Deutsche können Synonyme helfen, die Bedeutung eines Begriffs besser zu verstehen.

    Weitere einsprachige Wörterbücher für besondere Anwendungsfälle

    Zusätzlich zu den oben vorgestellten Wörterbüchern gibt es im Internet noch eine Vielzahl weiterer, speziellerer Wörterbücher wie z.B. für Sprichwörter, Etymologie (Wortursprung), Namenslesungen usw. Sucht man auf Google nach den japanischen Begriffen dafür (z.B. ことわざ辞典, 語源由来辞典, 名前辞典, 人名事典, …), findet man entsprechende Webseiten. Ich rufe solche Wörterbücher für gewöhnlich nur im Bedarfsfall über eine Google-Suche auf und habe keine besondere Liste dafür, aber vielleicht stelle ich im Laufe der Zeit auch noch eine Übersicht zu solchen eher selten gebrauchten Wörterbüchern zusammen, an die man möglicherweise gar nicht denkt, wenn man nicht weiß, dass es sie gibt.

    Deutsch-Deutsch-Wörterbücher

    Gelegentlich will man auch die Bedeutung eines deutschen Worts nachschlagen, um sich etwa zu vergewissern, dass es eine Nebenbedeutung, die man kennt, auch überregional gibt, oder dass eine Vokabel auch wirklich als Übersetzung zu dem japanischen Ausgangsbegriff passt. Oder man will sich sicher sein, ob man noch die korrekte Rechtschreibung des Wortes kennt 🙂

    • Duden

    Für Wortbedeutungen und Rechtschreibung, aber auch Grammatikregeln, kann man die Onlineversion des Duden auf Duden.de benutzen. Sehr selten ist die Website mal im Wartemodus, daher sollte man im Zweifelsfall nicht in allerletzte Minute vor einem Abgabetermin darauf angewiesen sein … Aber ansonsten ist sie genau wie der analoge Duden benutzbar und die erste Anlaufstelle für alles, was Deutsch betrifft. Auch Synonyme und sogar Konjugationen und Deklinationen zu etwas schwierigeren Wörtern findet man hier, wenn man sich mal der eigenen Sprache nicht ganz sicher ist 😉

    Hilfsmittel für das Übersetzen aus dem Japanischen: Auch der Duden gehört dazu! Klick um zu Tweeten 

    • Synonymwörterbuch

    Zusätzlich benutze ich auch gerne das freie Synonymwörterbuch auf https://synonyme.woxikon.de/ Ähnlich wie das japanische Synonymwörterbuch von Weblio listet auch Woxikon die Synonyme zu deutschen Wörtern nach Bedeutungsschwerpunkten getrennt auf. Hier schaue ich gerne nach, wenn ich z.B. einen im Japanisch-Deutsch-Wörterbuch aufgeführten deutschen Begriff nicht passend für den gegebenen Kontext finde, aber mein Kopf nicht von selbst eine gute Alternative hergibt. Dann ist ein Synonymwörterbuch eine gute Inspirationsquelle und man kann einen der dort genannten Vorschläge nehmen oder selbst auf eine andere Idee kommen.

    Japanisch-Englisch-Wörterbücher

    In meinem Japanologiestudium haben Kommilitonen gerne auch (oder in manchen Fällen hauptsächlich) Japanisch-Englisch-Wörterbücher zum Übersetzen ins Deutsche verwendet – und dann eben die gefundenen englischen Begriffe weiter ins Deutsche übersetzt.

    Das kann ein Vorteil sein, weil englische Wörterbücher oft noch umfangreicher und genauer sind als deutsche.

    Dennoch kann ich als verantwortungsbewusste Übersetzerin diese Vorgehensweise NICHT empfehlen, da der Umweg über eine dritte Sprache immer die Gefahr von Fehlübersetzungen birgt. Nur wenn man die dritte Sprache auf Muttersprachlerniveau beherrscht und sich sicher ist, die im entsprechenden Wörterbuch gefundene Bedeutungsnuance zum einen hundertprozentig verstanden zu haben und um anderen diese auch absolut bedeutungsgleich in die letztendliche Zielsprache übertragen zu können, würde ich sagen, dass der Weg über so eine Drittsprache zumindest zulässig ist. Empfehlen würde ich ihn dennoch auf keinen Fall.

    Denn auch dann, wenn man die Drittsprache nahezu perfekt zu beherrschen meint – in dem Wörterbuch der Drittsprache, z.B. eben Japanisch-Englisch, kann die englische Übersetzung eine Interpretation des ursprünglichen japanischen Begriffs sein, etwa dann, wenn es dafür keine eindeutige Entsprechung im Englischen gibt. Und Interpretationen sind IMMER subjektiv und weichen zu einem gewissen Grad vom ursprünglichen Sachverhalt ab.

    Daher empfehle ich dringend, für eine gute Übersetzung aus dem Japanischen ins Deutsche nur mit japanisch-deutschen und japanisch-japanischen Wörterbüchern zu arbeiten.

    Nur wenn man z.B. die Bedeutung eines Worts schon verstanden hat, aber nicht die passende Formulierung findet, kann man sich Inspirationen in einer dritten Sprache holen. Aber so ein Anwendungsfall dürfte eher die Ausnahme sein.

    Und wenn etwas nicht im Wörterbuch steht?

    Ein Wörterbuch ist nicht allwissend, und selbst Google hat nicht immer auf alles eine Antwort parat.

    Was man tun kann, wenn man für etwas partout keine Übersetzung findet – welche Strategien man anwenden und welche Quellen man zurate ziehen kann, darum wird es in einem Folgeartikel gehen.

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    Titelfoto von Carolyn V auf Unsplash

    Über die Autorin

    Ekaterina Mikulich

    Übersetzerin für Manga, Anime und Light Novels seit 2012. Verantwortlich u.a. für die deutsche Übersetzung der Accel World Light Novel (TOKYOPOP), der Manga-Adaptionen zu Accel World und Der Junge und das Biest (beides TOKYOPOP), die deutschen Untertitel auf der mehrsprachigen BluRay zu Time of EVE (Pied Piper). Übersetzte Werke nahezu aller Genres und schrieb ihre Masterarbeit in Japanologie über japanische Light Novels und die sprachlichen Aspekte ihrer Übersetzungen im Kontext deutschsprachiger Jugendliteratur. In diesem Blog gibt sie ihr umfangreiches theoretisches und praktisches Wissen über das Übersetzen von Manga, Anime und Light Novels aus dem Japanischen weiter.

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